Es beschäftigt mich ein Thema, welches ich vor kurzem bereits in meinem Blog ausführlich betrachtete. Der Aspekt der kontinuierlichen Lebensveränderung rückt für mich momentan immer mehr in den Mittelpunkt. Beim letzten Mal schrieb ich darüber, wie wir augenscheinlich häufig dazu tendieren, unser Leben nach einem Endziel auszurichten, an welchem es einfacher wird – und dass dies wohl oft ein Trugschluss ist, da unser Leben und wir selbst kontinuierlichen Veränderungen unterliegen, die allesamt mit neuen Herausforderungen einhergehen. Komfortabel zu werden mit der Unsicherheit, die die Zukunft zwangsläufig mit sich bringt scheint ein guter Ansatz für ein gelungenes Leben zu sein.
Chris Williamson (Host meines aktuellen Lieblingspodcasts Modern Wisdom) bezieht sich häufig auf das Paradoxon, welchem wir alle wohl häufig nachhängen: unser aktuelles Leben ist noch gar nicht das richtige. Es ist wie eine Vorstufe von einer von uns selbst idealisierten zukünftigen Version.
Ich persönlich merke häufig wie wichtig es mir ist, dass ich mich kontinuierlich als Mensch entwickle. Ich glaube, manchmal strebe ich etwas zu sehr danach und verlange zu viele „Verbesserungen“ an mir selbst – ein Teufelskreis, da es auf diese Weise schwer ist, zu einem Zustand der Zufriedenheit zu gelangen. Dann fühle ich mich rastlos und meine, nur durch persönlichen Fortschritt zu persönlicher Erfüllung zu gelangen, anstatt mich auf das Leben zu konzentrieren, was ich bereits lebe und womit ich zum Großteil mehr als glücklich bin.
In letzter Zeit fällt mir also immer mehr auf, was daraus für ein Widerspruch entsteht: Einerseits der Wunsch nach Weiterentwicklung meiner menschlichen Kompetenzen, andererseits das Bewusstsein, dass Zufriedenheit nur in der Gegenwart und in mir selbst und nicht in einer zukünftigen Version eines angestrebten Lebens zu finden sein kann.
Ich rufe mir dazu oft einen Beitrag Jordan Petersons ins Gedächtnis, bezogen auf das Etwas-Verlorensein in der Welt: “Go do something. Do the best thing that you can think of. Put the best plan you have into practice.“ Es ist also gar nicht mal so wichtig, was unser Ziel ist. Wichtig ist, dass wir irgendwann eine Entscheidung treffen, ihr nachgehen und dafür Verantwortung übernehmen.
Die Wissenschaft geht davon aus, dass sich die Persönlichkeit bis zum Alter von ca. 30 Jahren maßgeblich verändert. Ich denke, dass es sinnvoll sein kann, sich trotz des Strebens nach Verantwortung vor und nach diesem Punkt vielen verschiedenen Lebenseinflüssen hinzugeben und von allen etwas zu lernen. Darauf basierend kann ich langfristig eine Entscheidung treffen, wem oder was ich meine Verantwortung widmen möchte. Und wie so häufig möchte ich die Maxime nie vergessen: Scheitern ist immer ein Teil des Prozesses. Ich sollte mir nicht den Kopf über Fehltritte zerbrechen, sondern aus unangenehmen Erfahrungen, die mich aus meiner Komfortzone herausstoßen, lernen.
Wir werden das Ziel nie vollständig anpeilen können – das Wichtigste ist, eine ungefähre Richtung abzupassen und unterwegs zu justieren. Rolf Dobelli schreibt dazu in einer Kolumne „Es kommt nicht so sehr auf den Start an, sondern auf das Korrigieren nach dem Abheben. Das gute Leben gelingt nur durch ständiges Nachjustieren.“ Lebensveränderungen müssen also nicht immer radikal sein, sondern können kontinuierlich durch sanfte Kursänderungen implementiert werden.
Ein letztes Zitat zum Thema, diesmal präsentiert von Jocko Willink: „Start walking.“ Wenn wir nicht genau wissen, welche Richtung wir im Leben einschlagen sollten verhält es sich genauso, wie als würden wir komplett orientierungslos im Wald aufwachen. Statt dazusitzen und uns zu fragen, was der richtige Weg sein könnte, laufen wir lieber los – irgendwann kommen wir an einen Bach, wir folgen diesem, er bringt uns zu einem Fluss, wir folgen dem Fluss und landen irgendwann wieder in der Zivilisation.
Sinnvoller, als es von Anfang an vollkommen richtig hinbekommen zu wollen, ist sich auf den Weg zu machen. Veränderungen sind gut. Doch oft scheint es besser zu sein, sie nicht auf unser Leben aufzuzwingen, sondern kontinuierlich einsickern zu lassen.
Links
Modern Wisdom (Chris Williamson):
https://chriswillx.com/podcast/